Einleitung

Virtuelle Ausstellungstools sind dabei erwachsen zu werden. Nach einer ersten Welle der Begeisterung, getragen vor allem durch Google und größere Museen, hat sich das Angebot in den vergangenen Jahren spürbar erweitert und zugleich spezialisiert. So sind umfängliche Programme für die Ausstellungsplanung und -gestaltung, die vernetzte Sammlungsarbeit  und das Kuratieren entstanden. Wie bei der sprichwörtlichen Spitze des Eisbergs kommt bei diesem Blick jedoch nur ein geringer Teil des verfügbaren digitalen  Know-Hows an die Oberfläche. Umso mehr, wenn man den Blick von den Organisationen mit klarem Auftrag und Budget abwendet und auf Künstler richtet, die sich in ihrem Schaffen und ihrer Motivation oft zwischen den Stühlen akademischer und kommerzieller Interessen wiederfinden. Sie sind ständig auf der Suche nach Entfaltungsräumen jenseits der Museen und Galerien. Nach Orten in denen die eigenen Werke ansprechend gezeigt werden, Kontakte entstehen und neue Pläne geschmiedet werden können. Die es im besten Fall zugleich ermöglichen den oft hohen Aufwand, der hinter der Arbeit steht, durch einen Kauf oder Eintritt zu honorieren. Mehr als genug Gründe also, um einen Blick auf die wichtigsten Partner für die Erstellung virtueller Ausstellungen zu werfen.

Bei Interesse schauen Sie in unsere Übersicht eigener Tests virtueller Ausstellungen mit unserem fotografischem Archiv.

 

 

Artsteps (Athen)

richtet sich an Künstler und Organisationen, die ohne größeres Budget physische oder virtuelle Ausstellungen planen wollen. In einem 3D-Editor kann ein Ausstellungsraum frei erstellt werden oder auf fertige Raumvorschläge zurückgegriffen werden. In diesem kreiert man seine Ausstellung, in welcher sich der Besucher frei beweglich umschauen kann. Dabei können 2-dimensionale Medien (Bilder, Fotos, Gemälde) ebenso verwendet werden wie 3-dimensionale (Skulpturen, Installationen). Auch die Einbindung von Videos ist möglich. Die Ergebnisse lassen sich via Link verbreiten oder in Webseiten einbinden. Entsprechend wird für die Erstellung wie den virtuellen Besuch nur ein Computer mit Internetzugang benötigt.

Neben diesem grundsätzlich kostenfreien Angebot bietet Artsteps weitere Services in Form eines sogenannten „Private Space“ an. Abhängig von der akademischen oder kommerziellen Nutzung sowie der Anzahl der Benutzerkonten entstehen bei diesen Kosten zwischen wenigen Hundert und einigen Tausend Euro pro Monat. Anders als beim kostenfreien Angebot kann dann das Erscheinungsbild durch das eigene Logo samt Login-Screen, Hintergründen und vielem mehr individualisiert werden. Auch die maschinengenerierte URL wird ersetzt durch eine eigenständige .artsteps-Domain und zugangsbeschränkte Ausstellungen werden ermöglicht.

 

Zugang freier Zugang / Plattform
Features 2D und 3D-Objekte, freie Wandpositionierung, Weiteres in Planung
Text/Verlinkung Titel, Maße, Lizenz, externe Verlinkung in Planung
Bildqualität gut
Bewegung frei, Rundgänge über Fixpunkte
Kosten kostenlos // bei Erstellung einer individuellen Ausstellung 300 –  1500/Monat

 

Artsteps_S

Screenshot einer ARTSEPTS-Ausstellung

 

Wir nutzen Artsteps selbst für unsere ersten Tests virtueller Ausstellungen, daher finden Sie hier unsere Beispiel-Ausstellungen:

Industriearchitektur in Sachsen

SAXONY STREET FRONTS

 

 

Kunstmatrix (Berlin)

hat sich auf die umfassende Betreuung bildender Künstler spezialisiert. Diese können 3-D-Ausstellungsräume erstellen und Kunden virtuell ihre Kunstwerke an die echte Wand zaubern, zudem aber auch parallel anfallende Organisations- und Verwaltungsarbeiten planen und dokumentien. Damit ist das Tool auch für Projekte interessant, bei denen sich die Beteiligten an unterschiedlichen Orten befinden. Telefonate lassen sich planen, Kontakt und Rechnungen ablegen. Das Herzstück bilden jedoch die Verwaltungen der Kunstwerke und Ausstellungen in denen diese gezeigt werden sollen. Entsprechend wird es möglich nach der möglichst umfassenden Erfassung der Werke (Maße, Preis, Künstler, et. al.) in kurzer Zeit verschiedene Räume und Szenarien auszuprobieren, da die Kuration über nummerierte Felder geschieht. Durch diesen stringenten Aufbau lassen sich nachträgliche Änderungen der Rahmendicke, des Passepartouts oder der gezeigten Informationen hinter den Kulissen und ohne großen Aufwand umsetzen.

Der beschriebene Funktionsumfang lässt sich grundsätzlich ab 10€/Monat für eine Ausstellung mit 50 Kunstwerken nutzen. Mit Größe und Anzahl der Ausstellungen erhöhen sich die Kosten. Zusätzlich bietet Kunstmatrix auch die Umsetzung von Kunst-Messen an. Abhängig vom Leistungsumfang (virtuelle Raume, Messestände, et. al.) entstehen dabei wesentlich höhere Kosten. Das Ergebnis wie z.B. die Photo Basel 2020 ist ein maßgeschneiderter großer Raum. Die Grenzen des Angebots orientieren sich an den technischen, aber auch rechtlichen Herausforderungen. So lassen sich keine Lichtstimmungen inszenieren, eine Konzession an die zu leistende Renderleistung. Auch für die Monetarisierung, also (Re-)Finanzierung der Ausstellung z.B. durch Eintritte bietet die Suite selbst keine Möglichkeit und es gilt als Anbieter mit Work-Arounds zu arbeiten (Zugangscodes,  Einladungen, etc.). Allerdings liegt der Fokus stärker auf dem Verkauf der Kunstwerke und so lässt sich jedes Werk mühelos zum eigenen Shop oder einem Drittanbieter verlinken.

 

Zugang freier Zugang / Plattform
Features 2D und 3D-Objekte, professionelle Tools (Passepartout, Rahmenfarbe, etc.), Verwaltung und Organisation von Prozessen, Exponaten und Kontakten
Text/Verlinkung Titel, Maße, Lizenz, externe Verlinkung möglich, Kontakt-Button
Bildqualität gut
Bewegung frei, Rundgänge über Fixpunkte
Kosten kostenlos Nutzung // verschiedene Tarife bei Veröffentlichung, die sich an der Größe der Ausstellung orientieren // vier- bis fünfstellig bei der Erstellung einer individuellen (Groß-)Ausstellung

 

Raumauswahl bei Kunstmatrix

 

Beispiel-Ausstellung: „Panoramen und City Scapes

 

 

Ikonospace (Amsterdam)

An Auftraggeber mit klaren Ansprüchen, Erwartungen und größerem Geldbeutel richtet sich das Angebot von Ikonospace. Hier entstehen Kosten im hohen mehrstelligen Bereich und das Angebot richtet sich eher an Institutionen und kommerzielle Anbieter die mit Ikonospace reale Ausstellungen planen oder virtuelle Ausstellungswelten erschaffen können. Die Ausstellungsarchitektur wird anhand vorhandener Pläne individuell erstellt, mithilfe von Fotos angepasst und mit hochauflösenden Objekten jeder Art gefüllt. Das Ergebnis dieser arbeitsaufwändigen Verbindung von Digitalisierung, Verwaltung  und dieser Veränderbarkeit aller Aspekte sind entsprechend professionelle und beeindruckende Ausstellungen. Diese lasse sich über einen Browser aufrufen und erleben, man kann Sie jedoch auch als Virtual Reality Station in realen Ausstellungen verwenden. Wie auch bei Partner Kunstmatrix geht der Funktionsumfang über das Erstellen von Ausstellungen hinaus. So lassen sich Kontakte, Prozesse und Kunstwerke parallel verwalten. Je nach Größe und Aufwand entstehen hierbei jedoch auch beträchtliche Kosten.

 

Zugang Auftragsbasiert
Features 2D und 3D-Objekte, professionelle Tools (Passepartout, Rahmenfarbe, etc.), Verwaltung und Organisation von Prozessen, Exponaten und Kontakten
Text/Verlinkung Titel, Maße, Lizenz, externe Verlinkung möglich
Bildqualität sehr gut
Bewegung frei, Rundgänge über Fixpunkte
Kosten verschiedene Tarife für die Nutzung vorgefertigter Räume // ab fünfstellig für die Erstellung einer individuellen Ausstellungsarchitektur und Nutzung der Kuratierungssoftware

 

vorgefertigte Räume bei Ikonospace

 

Beispiel-Ausstellung: Das Liebermann-Haus

 

 

cura3D (Leipzig)

In erster Linie an die Verwaltung, Planung und Umsetzung realer (Museums-)Ausstellungen richten sich die Angebote von Cura3d. Für diese kann die eigene Ausstellungsarchitektur in ein 3D Modell übertragen werden, alternativ können vorgefertigte Räume kuratiert werden. In der 3D Architektur lassen sich Wände frei stellen und Kunstwerke sowie 3D Objekte frei platzieren. Gestaltungselemente wie Rahmen und Vitrinen lassen sich importieren und anpassen. Das Ergebnis – eine fast fotorealistische virtuelle Ausstellung – kann dann in unterschiedlichsten Kontexten genutzt werden: für die Wanderung einer Sonderausstellung, die Planung einer anstehenden Überarbeitung oder auch die Webpräsentation als virtuelle Ausstellung. Im Unterschied zu den anderen Anbietern bewegt man sich durch eine cura 3D Ausstellung in dem man zwischen vordefinierten 360° Standpunkten springt. Entscheidet man sich als Einstieg einen der vorgefertigen virtuellen Räume zu nutzen, liegen die Kosten für die Software bei 150€/Monat.

Zugang Auftragsbasiert
Features 2D und 3D-Objekte, Exponat-Verwaltung, freie Wandpositionierung, professionelle Rahmentools
Text/Verlinkung Titel, Maße, Lizenz, externe Verlinkung möglich, Kontakt-Button
Bildqualität gut
Bewegung Sprung über Fixpunkte
Kosten 150 €/Monat für Nutzung der Software, höhere Kosten bei individueller Beauftragung

 

Exponat-Bearbeitung bei CURA3D

 

Beispiel-Ausstellung: Kunstsammlungen Chemnitz

 

 

Curat10n (London)

Einen umfassenden Ansatz zur Planung, Visualisierung, Archivierung und Verbreitung von Ausstellungen bietet Curat10n. Damit hat der Anbieter bewusst den ganzen Prozess, vom gemeinsamen Start mit dem Auftraggeber bis zum Abschluss im Blick. Real existierende Ausstellungen können nachgebaut, individuelle erstellt werden. Zudem lässt sich eine der vorgefertigten Ausstellungen als Grundlage für die eigene Arbeit nutzen. Am Ende steht eine ausführbare Datei, die sich unkompliziert verbreiten, jedoch auf einem PC oder MAC installiert werden muss. Jedoch lässt sich auch eine geführte Video-Version samt Voice-Over erstellen. Die Kosten hängen stark vom Umfang der Arbeiten und Anzahl der eingebrachten Exponate ab. So werden für die Digitalisierung von Beständen Stückpreise aufgerufen und auch die Einbindung von Videos oder 3-dimensionalen Objekten muss einkalkuliert werden. Bei der Erstellung einer kleineren Ausstellung nach realem Vorbild mit 30 Exponaten, einigen Medieninhalten und Lizenzgebühren für die Software können so verhältnismäßig geringe Kosten im drei bis vierstelligen Bereich entstehen. Denn einmal erstellt, lassen sich die Räume nach Belieben nutzen. Auch die entsprechende Software zur eigenständigen Arbeit lässt sich mit rund 300 Euro recht günstig erwerben. Zusätzlich werden Bildungseinrichtungen, Studenten und Künstlern Nachlässe gewährt, die unter Anderem vom Umfang des Projekts abhängen.

 

Zugang Auftragsbasiert, Demo der Software verfügbar
Features 2D und 3D-Objekte, Anpassung der Wände möglich (Farbe, Hängung)
Text/Verlinkung Titel, Künstler, Technik, Preis, Verlinkung möglich
Bildqualität gut
Bewegung freie Bewegung
Kosten Stück-Kosten für die Digitalisierung von Exponaten, 300 Euro Erstellung der ausführbaren Datei, 300 Euro für die Software

 

Screenshot einer Ausstellung von Curat10n

 

Beispiel-Ausstellung: Stand – Virtual Exhibition 2020

 

VR ALL ART(Zug)

Ganz auf die Umsetzung von Ausstellungen in Form einer virtual-reality-Erfahrung hat sich VR ALL ART spezialisiert. Obwohl sich die hohen Qualitätsstandards genügenden und sehr detailliert gestaltbaren Räume auch am Bildschirm betrachten lassen, zielt die foto-realistische Darstellung auf ein vollständiges Eintauchen mithilfe einer VR-Brille ab. Zunächst werden als sichtbare Informationen nur der Name und Künstler eines Werks angegeben. Bei näherem Interesse kann der Nutzer den Besuch unterbrechen und findet, scrollbar unter dem Ausstellungsfenster, eine Auflistung der Werke mit mehr Informationen sowie einen eventuellen Preis. Die Abwicklung eines Kaufs oder die Erhebung eines Eintritts sind zwar angedacht, müssen aber derzeit noch über externe Lösungen realisiert werden. Insgesamt richtet sich das Angebot eher an Galerien und Ausstellungshäuser als an Künstler, da die Umsetzung mit erheblichem Arbeitsaufwand und Budget verbunden ist. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Artikels kam ein Interview leider noch nicht zustande, so dass sich keine genaueren Aussagen über die Preisstruktur treffen lassen.

 

Zugang Auftragsbasiert
Features  2D und 3D-Objekte, umfassende Anpassung der Umgebung, Installation von Lichtquellen
Text/Verlinkung Titel, Künstler, Technik, Preis, Verlinkung möglich, Auflistung unter der Ausstellung
Bildqualität gut
Bewegung freie Bewegung
Kosten

 

Screenshot VR ALL ART

Beispiel-Austellung: Pedro Pablo Oliva – Cuban Art Platform

 

Fazit

Im Bereich virtueller Ausstellungen gibt es inzwischen Tools für die verschiedensten Aufgaben und Projekte. So sollten sich Künstler, Selbstständige und Andere, die nur über ein kleines Budget verfügen, Artsteps und Kunstmatrix anschauen. Kommerzielle Ausstellungsmacher, Museen und vergleichbare Institutionen sollten sich Cura3D und Ikonospace anschauen. Kunstgalerien könnten bei VR ALL ART und Ikonospace fündig werden. Diese, natürlich nicht erschöpfende Auflistung sollte gezeigt haben, dass hier in den letzten Jahren Viel passiert ist. Zudem haben die Gespräche mit den verschiedenen Anbietern gezeigt, dass zahlreiche Verbesserungen und Features noch hinzukommen werden. Wir sind gespannt wo die Reise hingeht.

Neben den hier vorgestellten Möglichkeiten virtuell begehbarer Ausstellungen gibt es eine Vielzahl weiterer technischer Umsetzungen von online-Ausstellungen. Bereits etabliert sind z.B. 360° Fotorundgänge. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern, die in Eure realen Ausstellungen kommen und diese an einer Vielzahl von Punkten fotografisch in Kugelpanoramen dokumentieren und diese dann als virtuelle Rundgänge umsetzen. Um beispielhaft zwei Anbieter zu nennen die Ihr Euch ansehen könnt, wären da V21 Artspace aus London oder VRENDEX aus der Nähe von Chemnitz – letztere setzen derzeit eine virtuelle Mittelstandsmesse für den Kreis Mittelsachsen um.

Kennt Ihr weitere Anbieter, die wir uns vielleicht einmal ansehen sollten? Habt Ihr Ideen oder Projekte, über die Ihr Euch mit uns austauschen wollt, sucht Ihr vlt. eine Möglichkeit der Zusammenarbeit? Wir haben selbst weitere Projekte und Ausstellungsideen in Vorbereitung über die wir demnächst berichten können. Schaut also wieder hier vorbei oder kontaktiert uns direkt.

 

Die Recherche und die Erstellung dieses Beitrags wurde durch ein Stipendium der Kulturstiftung des Freistaats Sachsen ermöglicht.