Industriearchitektur
Entlang der Marie-Müller-Straße in Aue im Erzgebirge steht die repräsentative Gebäudefront der ehemaligen Wellner-Werke. Der Bau geht auf die Besteck- und Silberwarenfabrik August Wellner Söhne zurück und wurde zwischen 1884 und 1900 schrittweise errichtet. Der Fabrikkomplex erstreckt sich über eine weite Fläche von rund 20.000 Quadratmeter, größtenteils über die Fabrikationshallen, die sich rückseitig dieser Frontbebauung bis zur Auerhammerstraße erstreckten. Die meist vierstöckigen mehrflügeligen Gebäude in gelbem Kinker verkleidet, sind ein typisches Beispiel für die Industriearchitektur ihrer Zeit. Die Fassaden wurden mit vielen Schmuckdekors versehen, die sich häufig auf die Produktion bezogen. Besonders prägend ist die große Elefanten-Figur am Seitengiebel links im Panorama. Sie wurde zum Firmesymbol und weltweitbekanntem Marken-Logo. Auf den zentralen Mittelbau wurde ein Uhrentürmchen mit Bronzegeläut der Frima Bernhard Zachariä in Leipzig aufgesetzt. Leider wurden die Originalglocken während der Zeit des Leerstands 2011 entwendet.
Unsere Streetline-Ansicht der Wellner-Werke Gebäudefront entstand 2018 während der Sanierung des Mitteltrakts. Zur Visualisierung des Portals mit Turmaufbau haben wir eine historische Ansicht (mit Dank an das Stadtmuseum Aue) in das Panorama eingearbeitet. Mittlerweile ist die Sanierung der Fassaden weitestgehend abgeschlossen und Teile des Gebäudes wurden bereits von Nachnutzern bezogen. Eine Neuaufnahme des eingerüsteten Bereichs ist vorgesehen. Die rückseitigen Fabrikgebäude wurden jedoch bis 2015 komplett abgerissen.
Wellner-Werke
Die ehemalige Besteck- und Silberwarenfabrik August Wellner Söhne geht auf eine 1854 gegründete Argentanfabrik im Auerhammer zurück. Die Auer Erfindung des „Neusilbers“, eine Kupfer-Nickel-Zink-Legierung, legte die Grundlage für den Erfolg der Firma, da sie sich besonders für Besteck und Tafelsilber eignete. Carl August Wellner, der die Firma 1858 von seinem Vater übernahm, schlug einen enormen Wachstumskurs ein und schuf Zweigniederlassungen und Vertretungen bis ins europäische Ausland. Der Expansionskurs gipfelte in den 1920er Jahren, als Wellner den weltweiten Besteckmarkt dominierte und in Luxushotels wie -Dampfern zu finden war. Das Modell-Sortiment umfasste Designs nahmhafter Architekten und Designer, u.a. Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich. 1924 wurde auf dem Komplex ein neuer Verwaltungs- und Sozialbau errichtet, der heute als Teilsitz des Landratsamts des Erzgebirgskreises fungiert und direkt gegenüber der hier gezeigten Fabrikfront steht. Links am kleineren Portal im 2. Obergeschoss zeigt ein verputzter Bereich ohne Fenster an, wo einst der Übergang zum Verwaltungsbau zu finden war.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Firma enteignet und Maschinen als Reparationsleistung abgebaut. Die Auer Besteckproduktion wurde unter dem Namen „Auer Besteck- und Silberwarenwerke“ (ABS) bis in die 1990er Jahre fortgeführt. Die 2001 neu gegründete Firma Wellner/ABS GmbH führt jedoch auch heute noch im benachbarten Schneeberg den Namen und die Produktpalette fort.
Weitere historische Fotos und infos finden Sie bei Industrie.Kultur.Ost. Diese Streetline-Asnicht der Wellner-Werke ist Bestandteil unserer Industriearchitektur-Ausstellung „Industrie.Stadt.Bild„