Geschichte des Standorts
In der Industrialisierung erlebte vor allem die Textilbranche in Westsachsen einen unvergleichlichen Branchenboom und führte zu einem stark gestiegenen Ausbildungsbedarf im Textilbereich. In Reichenbach im Vogtland entstand bereits 1848 durch Karl Bruno Weinhold der erste Webkurs aus dem sich die erste textile Ausbildungsstätte Deutschlands entwickelte. 1899 in ein neues Webschulgebäude umgezogen, wurde diese zur „Höheren Webschule“, wurde stetig erweitert, und 1920 schließlich zur „Höheren Textilfachschule“ umbenannt. Dem gestiegenen Platzbedarf folgend, wurde 1927 der hier gezeigte Neubau im Werkverbundstil errichtet. Nach der Wende wurde aus der eigenständigen Textilfachschule eine Außenstelle der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) mit dem Studiengang „Textil- und Ledertechnik“. Leider sicherte auch dies nicht den Fortbestand der Hochschul-Ausbildung in Reichenbach, da 2015 der Studiengang nach Zwickau umziehen musste und somit das Gebäude leergezogen wurde.
Architektur der Textilfachschule
Der moderne Bau ist dem damaligen, für das Bauhaus aufgeschlossenen, Stadtbaurat Wolfgang Rudorf zu verdanken, der in der Stadt eine Reihe markanter Projekte mit dem damaligen Stadtarchitekten Rudolf Ladewig umsetzte. Der beeindruckende Komplex wurde im Geist der Moderne errichtet und vereint Sachlichkeit und Funktionalität. Seine Gestaltung drückt die Ansätze der Reformbewegung des frühen 20. Jahrhunderts aus, welche das Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk zur Veredelung gewerblicher Arbeit anstrebte.
Der Bau entfaltet eher die Wirkung einer modernen Fabrik, den eines klassischen Schulbaus. Das vertikal dominierende Hauptgebäude an der Klinkhardtstraße (in Ecklage) im Stile des Art-Decó wird rechts von einem Seitenflügel mit weiteren Unterrichtsräumen ergänzt. Links entlang des Mylauer Wegs schließen sich die Werk- und Maschinenhallen an, welche Platz bieten für das gesamte textiltechnische Ausbildungsspektrum: Spinnerei, Weberei, Musterzeichnen, Appretur und Färberei. Die gesamte Anlage erstreckt sich über eine Länge von 160 m.
Die Architektur ist geprägt von modernen Elementen – kräftige Farben dominieren, die Fassade ist braunrot verputzt und gegliedert durch dreieckige Pfeiler, große Fenster uns Oberlichter leuchten die Hallen aus, es finden sich Einbauschränke und Trinkbrunnen. An der Hauptfassade stellen 14 Skulpturen die Jahreszeiten sowie den Handel in Bezug auf das Textilgewerbe dar. Diese stammen vom Leipziger Bildhauer Johannes Göldel, der u.a. in Leipzig die Bauplastiken an der Deutschen Bücherei und am Messehaus Petershof geschaffen hat. Sie finden weitere Infos und Blicke in die Textilfachschule bei So geht Sächsisch.
Der gesamte Gebäudekomplex steht unter Denkmalschutz.