Noch ist der Bahnhof Werdau nicht verloren Artikel Presse Sachsen

In der aktuellen Ausgabe der „Eisenbahn Romantik“ (3/23) erschien unser ausführlicher Beitrag zur Abrissthematik am Bahnhof im sächsischen Werdau. Hier können Sie den Beitrag einsehen, bzw. als PDF herunterladen.

Wenn Sie das Thema interessiert, lesen Sie bitte zunächst unseren ausführlichen Artikel über die Hintergründe wie es seit dem Ankauf des Gebäudes durch die Stadt 2012 bis heute zum Fast-Abriss des Werdauer Bahnhofs kam. Weiter unten ergänzen wir Punkte, die der Textkürzung des Artikels zum Opfer gefallen sind, bzw. seit Redaktionsschluss geschehen sind.

Abrisspläne am Bahnhof Werdau, Sachsen, Bürgerbegehren und Gerichtsentscheid Abriss, Umbau oder Kompletterhalt am Bahnhof Werdau, Bürgerbegehren, Abrissstop etc

PDF Download:

ER Artikel Bahnhof Werdau 2023

 

Was nicht im Artikel steht, da es der Kürzung zum Opfer fiel:

# Die Stadt Werdau hat für das Neubauprojekt mit ÖPNV-Umgestaltung 4,5 Millionen Euro veranschlagt, davon ca. 800.000 € aus dem städtischem Haushalt. Ob diese Mittel am Ende reichen werden, ist angesichts der derzeitigen Kostenentwicklungen fraglich.

# Es gibt eine weitere Initiative rund um den Werdauer Bahnhof: Fahren Sie mit dem Musikwinkel-Express ins vogtländische Gunzen. Dort hat ein Eisenbahnliebhaber einen winzigen Bahnhof saniert und in Zusammenarbeit mit dem im Text erwähnten Verein „Wir in Werdau Süd“, Teile der Innenausstattung des Werdauer Bahnhofs „gerettet“ und hier installiert.

# Kommt es trotz allem zum Komplettabriss, wird die Stadt den Bahnhof quasi zum Haltepunkt degradieren und ein kleines Ersatzgebäude schaffen, durch welches weiterhin der Zugang zum Bahntunnel gewährt ist. Die bisherigen Entwürfe (siehe Artikel) überzeugen noch nicht, doch der Oberbürgermeister sprach Ende 2021 davon, dass die Gestaltung neu ausgeschrieben werden sollte.

# Am ersten Abend des erwähnten Abschieds-Festivals (Juni 2022), während der späten Konzerte, soll es vor dem Gebäude eine Ansammlung von jungen Menschen in bedrohlicher Atmosphäre gegeben haben. Am folgenden Abend gab es Poilzei-Präsenz. Auch das gehört zur Werdauer Realität abseits des herausgeputzten Marktplatzes.

 

Was seit Mai 2023 geschehen ist:

# Das Bürgerbegehren endet erfolgreich und die Stadt bestätigt, dass 1.227 handschriftliche Eintragungen eingereicht wurden. Davon konnten 986 gültige Unterschriften festgestellt werden, womit das nötige Quorum von 844 Bürgern erreicht wurde.

# Nach Beendigung des Bürgerbegehrens hat OBM Sören Kristensen dieses zunächst als erfolgreich bezeichnet und sprach in der Presse davon, dass nun wohl die Werdauer entscheiden müssten und es einen Bürgerentscheid geben wird. Die Kosten dieses Entscheids würde er im Falle einer Niederlage der Stadt aus eigener Tasche bezahlen, so zumindest seine damalige Ansage in der Presse.

# Die Stadt legte beim Oberverwaltungsgericht Bautzen Beschwerde gegen den Abrisstopp aufgrund des Bürgerbegehrens ein und bekam mitte Mai Recht. Gesetzt den Fall, die Bahn genehmigt ein weiteres Zeitfenster für einen Abriss könnte die Stadt das Gebäude abreißen.

# Im Mai kam es zudem zu einem Brand ungeklärter Ursache, bei dem das am Eingang des Bahnhofs stehende Toilettenhäuschen abbrannte und es zu Rußspuren am Gebäude kam.

# Bei der Stadtratssitzung am 25.05.23 wurde dem Werdauer Stadtrat die Beschlussvorlage zur Abstimmung gestellt, dass Bürgerbegehren als unzulässig zu erklären, welchem der Stadtrat erneut mit Mehrheit zustimmte. Die Unzulässigkeit wurde begründet mit Unklarheiten zu Finanzierungsfragen und einer einschränkenden Auslegung der Formulierung des Bürgerbegehrens. Liesst man die öffentliche Begründung der Stadt im Ratsinformationsystem, kommt man nicht umhin festzustellen, dass hier die Stadt von den Bürgern das Lösen von Aufgaben erwartet, die nur in der Macht der Stadt selbst, als Eigentümer und Haushaltsherr, liegen.
In der selben Sitzung verneint der OBM kategorisch jeden weiteren Austausch und Gespräche über alternative Lösungen mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens. Mir bleibt da leider der Eindruck einer Stadt, die nicht mit Ihren Bürgern nach Lösungen sucht, sondern ohne sie.

# Auch bei der Deutschen Bahn tut sich einiges. Während sie sich des Betriebs des Werdauer Bahnhofs schon vor Jahren entledigt hat, entschied man 2022, dass keine weiteren Bahnhöfe veräußert werden und die verbliebenen Gebäude weiterentwickelt werden. Vor allem im Osten Deutschlands muss sich die Bahn aber mittlerweile nur noch um wenige Gebäude selbst kümmern.
Doch die Verkehrswende bedeutet auch zahllose neue Projekte und Investitionen in die Schiene. So wurde erst kürzlich im Bund entschieden, dass die anstehende Erhöhung der LKW-Maut der Bahninfrastruktur zugutekommen soll. Hier werden sich auch Finanzierungsmöglichkeiten für die Sanierung von Bahnhofsgebäuden ergeben.

Oktober 2023 Bahnhof Werdau Abrisszustand

Zustand am Bahnhof Werdau, 07.10.2023

# Bereits im September rollen wieder Abrissbagger am Werdauer Bahnhof an und beginnen mit dem Rückbau des Vorplatzes mit Bushaltestellen. Dabei kommt es in der letzten September-Woche bereits zum Abriss des Königsganges und eines Seitenanbaus des Bahnhofsgebäudes, während nebenan noch Bushaltestelle-Elemente stehen. Da parallel vor Gericht ein Eilantrag zum städtischen Umgang mit dem erfolgreichen Bürgerbegehren läuft, wird erneut ein vorläufiger Abrissstopp verhängt. Die Deutsche Bahn hat für einen möglichen Abriss erneut ein Zeitfenster ab dem 17.10. freigegeben, so dass es bereits in den kommenden Wochen zu entscheidenden neuen Entwicklungen kommen kann.

# Trotz des vorläufigen Abrisstopps werden in Werdau weiter Tatsachen geschaffen. Am 6.10. und 09.10.23 werden die Keller des Gebäudekomplexes mit Beton verfüllt. Dies dient klar nicht der Gebäudesicherung, sondern der Abrissvorbereitung. Denn nur bei einem Abriss des Gebäudes muss der Keller verfüllt werden um die Gleisanlagen zu schützen. Würde es zu einem Erhalt der Gebäude kommen wäre hier nachhaltiger Schaden entstanden der hohe Kosten verursachen kann. Weitere rechtliche Schritte scheinen aufgrund der Situation nicht ausgeschlossen.

# Am 11.10.23 verhängt das Verwaltungsgericht Chemnitz einen Baustopp bis zum Entscheid über die Gültigkeit des Bürgerbegehrens. Am selben Tag reicht die Stadt Werdau beim OVG Bautzen Beschwerde ein und ebenfalls am selben Tag bekommt der Anwalt, der das Bürgerbegehren verteidigt, eine eintägige Frist für eine Stellungnahme vom OVG.

# Bereits am 13.10.23 hebt das Oberverwaltungsgericht Bautzen den Beschluss vom Mittwoch wieder auf. Die noch zu klärende Frage der Gültigkeit des Bürgerbegehrens spielt in dem neuerlichen Beschluss scheinbar keine Rolle.

# Der Abriss des Bahnhof-Gebäudes soll am 16.10.23 beginnen.